Die Geschichte eines Codecs: FFV1 in der Archivwelt

Seit längerer Zeit ist die digitale Langzeitarchivierung ein hoch symbolischer Aspekt in der Debatte um die Digitalisierung von audiovisuellen Werken. Dies rührt einerseits von den realen technischen und finanziellen Anforderungen an eine Archivierung, andererseits entzündete sich natürlich an diesem Punkt die Frage des Vertrauens seitens der Archive in die neue Technologie. Gerade die digitale Technologie mit ihren schnellen Innovationszyklen scheint den langfristigen Interessen einer Archivierung entgegenzustehen. Nachdem im Jahre 2007 die Oscar-Academy die Studie „The Digital Dilemmapublizierte, wurde das Misstrauen nicht geringer, auch wenn dort finanzielle Überlegungen in den Vordergrund gestellt wurden. IT-Industrie und Archive blieben einander fremd und vertrauten sich nicht. Im Gegenteil: Es entstand sogar ein tiefer Graben zwischen jenen, die weiterhin den analogen Film als einzige Option für die Archivierung und Aufführung sehen, und offeneren Ansätzen.1

Ein Team um Peter Bubestinger und Hermann Lewetz, die seinerzeit in der der österreichischen Mediathek arbeiteten, hat aufgrund der Probleme mit den vorgeschlagenen Industrieformaten daher existierende, Freie Software (Open Source) analysiert und auf ihre Verwendbarkeit für die digitale Langzeitarchivierung evaluiert.
Im Mittelpunkt stand hierbei die Untersuchung geeigneter, verlustfrei komprimierender Codecs. Die Wahl fiel auf FFV1. In der Folge wurden Anforderungen der Archive bei der Weiterentwicklung des Codecs berücksichtigt und mittlerweile gibt es eine breite Unterstützung des Codecs von CUNY.tv (Dave Rice), IFI (Kieran O’Leary), der RTV Slovenija und auch die AG Media des Kompetenznetzwerkes nestor (deren Mitglied der Autor ist), spricht sich in dem aktuellen Leitfaden für die Verwendung des Codecs aus.

Es ist nicht das erste Mal, dass Archive ihre Interessen in diesem IT-lastigen Bereich definieren und sich entsprechend positionieren. Wünschenswert bleiben auch mehr Kooperationsprojekte in diesem Bereich. Ansätze hierfür gibt es. Die Weiterentwicklung des freien Archivierungssystems Archivematica etwa ist auch eng an die Anforderungen der Archive gebunden. Die offizielle Standardisierung von FFV1 v.3 ist auch Teil des Preforma-Projektes.

Wir planen für die nächsten Monate Interviews mit mehreren Beteiligten, um diese kleine Erfolgsgeschichte nachzuerzählen. Den Anfang macht ein Interview mit Peter Bubestinger, der die Mediathek 2015 verlassen hat. Er gründete die Firma „AV-RD“ (www.av-rd.com), die diverse Dienstleistungen (mit Fokus auf Open Source) im Bereich digitale Langzeitarchivierung anbietet.

Interviewfragen

00:16 „Denke einmal gegen unendlich plus eins!“ Der Weg ins Archiv
02:21 Was weckte euer Interesse an FFV1?
14:55 Welche Bedeutung besitzt Standardisierung für euch?
23:34 Ist FFV1 verlässlich OpenSource?
26:48 Ist FFV1 mit Patenten belastet?
31:53 Was waren die größten Überraschungen bei der Weiterentwicklung von FFV1?
40:11 Wie geht es weiter mit FFV1?

1. Siehe hierzu Rainer Rother, „Kino geht auch ohne Film“, FAZ, 12.07.2017.

Antworten

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