Wer archiviert das Internet?

In toto: Niemand. Allerdings gibt es eine Reihe von nationalen und internationalen Initiativen, die sich unterschiedlichen Teilbereichen verschrieben haben. Die bekannteste ist das Internet Archive in San Francisco (USA), das 1996 von Brewster Kahle gegründet wurde. Sein Fokus liegt auf Webseiten, neuerdings auch auf TV-Nachrichten.

Filme werden von zahlreichen privaten Nutzern individuell aus den Videoplattformen heraus kopiert, aber eine institutionelle Archivierung obliegt den Betreibern. Einzig das Internet Archive sammelt redaktionell ausgewählte Ausschnitte, stellt diese – bis auf die Metadaten – aber nicht öffentlich zur Verfügung.

Im Bereich Social Media startete die Library of Congress ein Projekt zur Archivierung von Twitter-Nachrichten für den Zeitraum 2006 bis 2010. In dieser Zeit wurden 170 Mrd. tweets gesammelt, die nun zugänglich gemacht werden sollen. Für Facebook & Co. gibt es tools zur privaten Archivierung, aber keine institutionelle Lösung außerhalb von Facebook.

In Deutschland wurde im Jahre 2006 per Gesetz der Auftrag der Deutschen Nationalbibliothek auch auf die Archivierung von Webseiten ausgeweitet. Für ausgewählte Websites soll dieser Prozess demnächst beginnen, allerdings wird eine Recherche nur vor Ort möglich sein. Auch einzelne Bundesländer wie Baden-Württemberg sind in dieser Richtung aktiv geworden und bieten ausgewählte Websites (Baden-Württembergisches Online-Archiv) an. Ähnliches gilt für Institutionen. So archiviert etwa der Bundestag seine eigenen Auftritte.

Die Archivierung des Internets wirft eine Reihe grundsätzlicher Fragen auf:

– Wie erschließe ich Inhalte, die durch Passworte geschützt sind?
– Viele Websites werden technisch aus Datenbanken generiert. Wie könnten diese gespeichert werden?
– Auf welcher rechtlichen Grundlage agiert die Webarchivierung, zumal bei internationalen Seiten?
– Wie gehe ich mit den permanenten Technologie- und Standardwechseln des Internets um?
– Wie dokumentiere ich Prozesse, also nicht nur Zustände, sondern kontinuierliche Entwicklungen im Netz?

Und schließlich steht hinter all diesen Fragen auch das Problem der Finanzierung. Auf absehbare Zeit ist also damit zu rechnen, dass das Web ein temporäres Medium bleibt, von dem lediglich einige ausgewählte „Zeitschnitte“ archiviert werden.